Rede zum 10jährigen Bestehen des Salons von Eva Maria Jobst

Verehrte Festversammlung!

Wir freuen uns sehr, dass Sie so zahlreich unsrer Einladung gefolgt sind. Wenn ich sage, wir freuen uns, so meine ich zugleich mein Staunen darüber, dass Sie, wenn Sie mit uns feiern, auch zeigen, dass Sie unsrem kleinen Unternehmen auch noch im 11. Jahr geneigt sind, es vielleicht gar zum Weitermachen ermutigen wollen.
Nun, mit diesem Willkommensgruß und der Ansage dessen, was Sie heute Abend erwartet, könnte es sein Bewenden haben. Was wäre darüber hinaus zu sagen, wo wir doch bloß miteinander feiern wollen. Und doch bitten wir noch ein wenig um Ihr Gehör, denn jede von uns wird ein paar Worte sprechen, eine kurze Rede, gehalten von jeder, ihrem Begehr folgend – darauf haben wir uns verpflichtet.
Dies scheint mir geschuldet dem, daß wir offenbar eben nicht ‚einfach mal feiern‘ wollten, sondern uns verstiegen, zum Zehnjährigen, ja, express zu einem „Jubiläumsfest“ einzuladen. Ein Jubiläum: Anlaß bzw. Notwendigkeit, einen freudigen, skeptischen oder zornigen Blick zurück und auch nach vorn zu werfen; aber ein Fest kann nicht der Ort sein, „die Form und die Ausrichtung der Arbeit zu überdenken“ – wie wir, als diese Arbeit schon eine Weile ins Stocken geraten war, im Oktober 2002 in einem Brief an die „Freunde und Freundinnen des psychoanalytischen Salons“ ankündigten.
Würden wir nun aber dem Brauch folgen, so müßte jede von uns einer der andern drei als Jubilarin eine Festrede halten, nicht aber dem Salon. Denn als Einzelne, mit unsren Namen, stehen wir für die Gesellung ein, die wir „Berliner Gruppe für Psychoanalyse“ genannt haben. Uns aber gegenseitig zu loben oder zu tadeln, wäre nun doch ein eitles Unterfangen.
Daß es den Salon als Ort gibt, an dem psychoanalytische Wege und Reden sich kreuzen können, eine Weile weiter geben wird und wie es ihn weiter geben wird, das hängt ja davon ab, daß die Lust und Arbeit am Text jede Einzelne von uns, die wir einladen, und Sie, die Sie dieser Einladung als Zuhörende, Mitsprechende und Vortragende folgen, von Mal zu Mal trägt, justament so lange das Begehren der Einzelnen hält. Wie schwierig dies ist, zeigt sich zum Beispiel darin, daß der einen oder andren immer mal wieder die Rede von der Gründung der ‚Gruppe‘ entwischt. Nun haben wir aber den Versuch von uns Vieren, in Berlin von der PSA und ihren Umsetzungen auch in anderen – i.e. dichterischen, künstlerischen, musikalischen – Versuchen, mit dem Unbewußten zu sprechen, keineswegs leichtfertig, aber wohl übermütig, damit begründet, dass „mit der Psychoanalyse kein konsistenter Diskurs zu machen“ (Mai Wegener) sei.
In Mai Wegeners Text lese ich: „Das Wissen vom Unbewußten übermittelt sich nicht ohne (…) Einmischungen intimer Signifikanten, die jeweils für den Einzelnen das Ubw markieren.“ Und weiter: „(Das) hat Folgen für die Theoretiker, die in ihre Theorien anders verwickelt sind. Ihr Diskurs stützt sich nicht auf Körperschaften, er durchquert ihren Körper. (…) (D)as bringt Eigenheiten hervor.“ Eh bien, solche Eigenheiten, die, wenn’s glückt, hörbar werden im Sprechen im Salon und die sich, wie denn anders, zugleich in der Arbeit der Einzelnen und der ‚Gruppe‘ störend – zersetzend – bemerkbar machen, solche Eigenheiten lassen sich nicht in Festreden festhalten.
Eins möchte ich abschließend hervorheben: Daß es den Salon gibt und wie es ihn gibt, verdankt sich – nicht zum Geringsten – auch denjenigen, die uns in den vergangenen 10 Jahren einen Raum zur Verfügung gestellt und so unsern Versuch auf je eigne Weise gestützt und befördert haben: Das waren insbesondere in den ersten Jahren das „Aroma“, danach – als Zwischenspiel – „Juliettes Literatursalon“, beide in Mitte in der Gormannstraße gelegen – und nun schon seit Dezember 2004 das Antiquariat „Fundus“. „Das Fundus“, das sind – vornehmlich – Antonia Schirmer und Urban Zerfaß. Ihnen gilt darum unser besonderer Gruß und Dank und die Hoffnung, daß sie uns weiterhin gastfreundlich beherbergen mögen.
Bevor ich das Wort an Susanne, Mai und Edith weitergebe, möchte ich einen Wunsch für die künftigen Salons nennen: Es möge dort eindrücklicher zu hören sein vom Unbewußten – „Ca rêve, ca rate , ca rit“, so sagt’s Lacan 1968 in Bordeaux zu Psychiatern über das, worum es sich in Freuds Texten dreht, wovon vornehmlich die belles lettres und die beaux arts (auch die Musik) zu sagen wissen – und ein Sprechen, das eben das nicht scheut, daß es stockt, bisweilen unerträglich witzig ist und fehl geht – wie in der Wendung Jubiläumsfest.